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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 01.09.2005
Aktenzeichen: 8 K 4177/03
Rechtsgebiete: UmwStG
Vorschriften:
UmwStG § 20 |
Tatbestand
Die Feststellungsbeteiligten waren zu Beginn des Streitjahres 1999 je zur Hälfte die alleinigen Gesellschafter der A-GmbH. Mit notariellem Vertrag brachten sie ihre GmbH-Anteile mit sofortiger Wirkung in die im Umfeld des sog. Neuen Marktes tätige B-AG ein. Als Gegenleistung erhielt jeder Einbringende 170.243 Stückaktien der B-AG zum Nennwert von 1 € je Aktie. Die B-AG aktivierte den Wert der eingebrachten GmbH-Anteile mit dem Teilwert, den sie auf der Grundlage eines Unternehmenswertgutachtens nach dem Ertragswertverfahren mit ca. 35 Mio. DM ansetzte.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Veräußerungspreis der eingebrachten GmbH-Anteile ist gemäß § 20 Abs.4 Satz 1 UmwStG mit dem bei der AG aktivierten Wert von ca. 35 Mio. DM anzusetzen.
1. § 20 Abs.4 Satz 1 1.Hs. UmwStG ist gemäß § 20 Abs.1 S.2 UmwStG anwendbar.
2. Die Anwendung von § 20 Abs.4 S.1 1.Hs. führt dazu, dass bei den Feststellungsbeteiligten zwingend der bei der AG für die eingebrachten Anteile an der GmbH tatsächlich aktivierte Wert von ca. 35 Mio. DM als Veräußerungspreis anzusetzen ist. Eine Überprüfung, ob dieser angesetzte Wert als Teilwert auch rechnerisch zutreffend ermittelt wurde, ist im Besteuerungsverfahren der einbringenden Feststellungsbeteiligten rechtlich nicht möglich, da dies zu einer Suspendierung der gesetzlich angeordneten Wertverknüpfung führen würde.
Nach § 20 Abs.2 S.1 und S.6 UmwStG hat ausschließlich die aufnehmende Kapitalgesellschaft das Wahlrecht, das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert, einem Zwischenwert oder höchstens mit dem Teilwert der einzelnen eingebrachten Wirtschaftsgüter anzusetzen. Das durch die Bilanzierung in der beim Finanzamt eingereichten Steuerbilanz ausgeübte Wahlrecht ist für den Einbringenden bindend, denn nach § 20 Abs.4 S.1 1.Hs. UmwStG gilt der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis.
a. Für eine strenge Bindung des Veräußerungspreises des Einbringenden an den tatsächlichen Wertansatz bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft spricht zunächst der Wortlaut des § 20 Abs.4 S.1 1.Hs., der eine solche Bindung ohne Ausnahme vorsieht.
Das Wortlautargument wird verstärkt durch die Tatsache, dass der Gesetzgeber gesetzestechnisch diese Wertverknüpfung mit dem Wort "gilt" über eine Fiktion festschreibt. Eine Fiktion aber gibt dem Gesetzesanwender vor, das Vorhandensein eines unklaren, möglicherweise auch überhaupt nicht vorhandenen Tatbestandes für die weitere Beurteilung ohne Prüfung zu unterstellen (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl. 1983, S.251f.).
Gerade die Gesetzestechnik der Fiktion zeigt nach Ansicht des Senats, dass vom Gesetzgeber auf der Seite des Einbringenden grundsätzlich keine Möglichkeit der Überprüfung des Veräußerungspreises und der Anschaffungskosten der erhaltenen Gesellschaftsanteile - § 20 Abs.4 S.1 1. + 2.Hs. UmwStG - gewollt ist.
b. Für einen Wertverknüpfungszwang ohne die Möglichkeit der Überprüfung auf der Seite des Einbringenden spricht auch die Gesetzessystematik.
Denn in anderen Umwandlungsformen wie der Verschmelzung nach § 3 oder § 11 Abs.1 UmwStG oder den diversen Varianten der Spaltung nach § 15 UmwStG hat - umgekehrt - der übertragende Rechtsträger regelmäßig die Möglichkeit, die übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert, Zwischenwerten oder maximal mit dem Teilwert anzusetzen. Der übernehmende Rechtsträger muss diese Werte in seiner Steuerbilanz nach dem jeweils einschlägigen § 4 Abs.1 UmwStG zwingend fortführen (Schmitt in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, Umwandlungsgesetz - Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl. 2001, Einführung Rn.12). Wenn in diesen Umwandlungsformen eine Bindung an den Wertansatz durch das "abgebende" Rechtssubjekt besteht, kann im umgekehrten Fall der Einbringung nach § 20 UmwStG, wo das Bewertungswahlrecht durch die aufnehmende Kapitalgesellschaft wahrzunehmen ist, über § 20 Abs.4 S.1 UmwStG nichts anderes gelten.
c. Für eine Bindung des Einbringenden an den tatsächlichen Wertansatz spricht auch die teleologische Auslegung.
Der gegenüber den allgemeinen Grundsätzen begünstigende Zweck des § 20 UmwStG besteht darin, notwendige strukturelle Veränderungen in der Fortführung des unternehmerischen Engagements nicht durch belastende steuerliche Folgen zu verhindern (Klingberg in Blümich, EStG-KStG-GewStG, Band 5, Stand 85. Ergänzungslieferung März 2005, § 20 Rn.10; Frotscher in Frotscher/Maas, Einführung Rn. 2,5). Die Möglichkeit der steuerneutralen oder steuermindernden Einbringung bedeutet jedoch keinen Besteuerungsverzicht, sondern lediglich ein Hinausschieben der Besteuerung derjenigen stillen Reserven, die vom Einbringenden auf die aufnehmende Kapitalgesellschaft übergehen und dort bei späterer Realisierung der Besteuerung unterliegen (Friedrichs in Haritz/Benkert, § 20 Rn.140; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, Band 4, Stand 54. Ergänzungslieferung Juli 2005, vor § 20 n.F. Rn.6).
Darüber hinaus gilt nach § 20 Abs.4 S.1 2.Hs. UmwStG der Wertansatz bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft nicht nur als Veräußerungspreis des Einbringenden, sondern zugleich auch als Anschaffungskosten der - für die Einbringung - erhaltenen Gesellschaftsanteile.
Durch letzteres wird sichergestellt, dass sich die im Zeitpunkt der Einbringung im eingebrachten Betriebsvermögen vorhandenen stillen Reserven in den einbringungsgeborenen Anteilen fortsetzen und dort - unabhängig von der Beteiligungshöhe und ihrer Zugehörigkeit zum Privatvermögen - steuerverstrickt sind (Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, vor § 20 n.F. Rn.6; Schmitt in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, § 20 Rn. 336, 339).
Der Senat räumt ein, dass die Feststellung der im eingebrachten Betriebsvermögen vorhandenen stillen Reserven und damit des Teilwertes der eingebrachten Wirtschaftsgüter nicht nur aus dem Grund der Sachnähe beim Einbringenden getroffen werden könnte, sondern dass es dem Fiskus auch "nur" um die Besteuerung der tatsächlich gebundenen stillen Reserven - und nicht um die Besteuerung von Scheingewinnen - gehen kann, was beides dafür spräche, die Höhe des zutreffenden Teilwertes auch - oder besser gerade -, wie von der Klägerin begehrt, im Besteuerungsverfahren des Einbringenden festzustellen.
Es kommt jedoch entscheidend hinzu, dass bei einem solchen Aufbrechen der Bindung des Wertansatzes bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft für den Veräußerungspreis des Einbringenden, der den genannten Anschaffungskosten der erhaltenen Gesellschaftsanteile zwingend entspricht, ein vom Gesetzgeber nicht gewolltes Ungleichgewicht in der Besteuerung eintreten würde. Denn die aufnehmende Kapitalgesellschaft erhielte durch den von ihr gewählten, möglicherweise überhöhten Ansatz mit dem Teilwert ein sich später gewinnmindernd auswirkendes Abschreibungspotential. Bei einer eigenständigen Minderung dieses Teilwertansatzes im Besteuerungsverfahren des Einbringenden würde sodann eine Besteuerungslücke entstehen, da der Einbringende geringere - wenn vielleicht auch tatsächlich zutreffende - stille Reserven zu versteuern hätte und die aufnehmende Kapitalgesellschaft zusätzlich zu Lasten des Fiskus ein überhöhtes Abschreibungspotential zur Verfügung hätte, was nach Ansicht des Senates im Ergebnis nicht gewollt sein kann. Es bestünde in diesem Fall auch nicht die Möglichkeit, den Wertansatz bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft über § 175 Abs.1 Nr.2 AO nachträglich rückwirkend nach unten zu korrigieren, weil es in dieser Richtung an einer gesetzlichen Wertverknüpfung mangelt.
Im Streitfall spricht auch tatsächlich vieles dafür, dass die AG angesichts der fehlerhaften Einschätzung von vorhandenen Risiken wie der zu optimistischen Erwartung von später ausbleibenden Synergieeffekten bei der Integration der GmbH die eingebrachten Anteile an der GmbH im Jahr 2000 nach § 6 Abs.1 Nr.1 S.2 EStG auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben hat. Denn im Geschäftsbericht für das Jahr 2000 hat die AG selbst erklärt, dass bei fast allen Tochterunternehmen die Umsatz- und Ertragserwartungen hätten deutlich zurückgenommen werden müssen. Bei einer heutigen Minderung des Veräußerungspreises im Besteuerungsverfahren der einbringenden Feststellungsbeteiligten wäre der vom Gesetzgeber angestrebte Zweck der Erleichterung von Unternehmensumstrukturierungen durch das - bloße - Hinausschieben, nicht aber den Verzicht der Besteuerung stiller Reserven deshalb verfehlt, weil durch die mutmaßliche Teilwertabschreibung bei der AG eine Steuerminderung bereits eingetreten wäre, der keine korrespondierende Besteuerung auf der Seite des Einbringenden gegenüberstünde.
d. Für eine Bindung an den tatsächlichen Wertansatz spricht auch, dass die Einbringung von mehrheitsvermittelnden Anteilen gegen die Gewährung von Gesellschaftsanteilen ohne Anwendung der privilegierenden Norm des § 20 UmwStG ein Tausch wäre, der nach allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen eine gewinnrealisierende Veräußerung darstellen würde (Glanegger in Schmidt, EStG, 24. Aufl. 2005, § 6 Rn. 540). Nach Tauschgrundsätzen wäre als Veräußerungspreis der Anteile an der GmbH folglich der Zeitwert der erhaltenen Aktien an der AG anzusetzen (vgl. hierzu allgemein Friedrichs in Haritz/Benkert, § 20 Rn.141). Dieser betrug aber zum Einbringungs-/Tauschtag mehr als 50 € je Aktie, was zum selben Ergebnis wie in der Feststellung führen würde. Diese Kontrollüberlegung führt nach Ansicht des Senats zum zutreffenden Ergebnis, da durch den Ansatz des Teilwertes ein Hinausschieben der Versteuerung der stillen Reserven von den Einbringungsvertragsparteien gerade nicht gewollt war.
e. Durch eine solche Bindung des Einbringenden an den tatsächlichen Wertansatz bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft wird der Einbringende auch nicht schutzlos gestellt.
(1) Der Einbringende kann - und muss - seine Interessen dadurch wahren, dass er in der Vereinbarung mit der aufnehmenden Kapitalgesellschaft im Einbringungsvertrag nicht nur die Art des Wertansatzes Buchwert - Zwischenwert - Teilwert, sondern auch dessen tatsächliche Höhe vereinbart (Klingberg in Blümich § 20 Rn. 78; Merkert in Bordewin/Brandt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz mit Nebengesetzen, Band 7, Stand 257. Ergänzungslieferung Juli 2005, § 20 Rn. 86; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Band 5, Stand 82. Aktualisierung Juli 2005, § 20 Rn. 660).
Weicht die aufnehmende Kapitalgesellschaft von dieser Vereinbarung ab, so ist dies zwar für die steuerrechtliche Behandlung des Einbringenden ohne Bedeutung, da ausschließlich die tatsächliche Bilanzierung der Kapitalgesellschaft entscheidend ist (Klingberg in Blümich, § 20 Rn. 78).
Der Einbringende kann jedoch aufgrund des Vertrages im Wege der einstweiligen Verfügung und/oder Klage den vereinbarten Wertansatz zivilrechtlich durchsetzen. Selbst wenn er dies versäumt, kann er die aus der Verletzung der Pflicht zur Bilanzierung des vereinbarten Wertes resultierenden Schäden - hier Steuerzahlungen - als Schadensersatz einklagen (Friedrichs in Haritz/Benkert, § 20 Rn. 113; Merkert in Bordewin/Brandt § 20 Rn. 86). Es liegt also entgegen der Ansicht der Klägerin gerade keine Vereinbarung zu Lasten der Feststellungsbeteiligten als Dritte vor, vielmehr haben diese die Wahrung ihrer Rechte im Einbringungsvertrag versäumt.
(2) Sollte sich später bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft - z.B. infolge einer Betriebsprüfung - herausstellen, dass der gewählte Ansatz des Teilwertes der Höhe nach nicht korrekt ermittelt war, würde sich diese "rückwirkende" Richtigstellung bei der Kapitalgesellschaft über § 175 Abs.1 Nr.2 AO auch auf den Einbringenden auswirken (Klingberg in Blümich, § 20 Rn. 78; Dötsch/Buyer, Umwandlungssteuerrecht, 4. Aufl. 1998, Rn. 792; so auch BMF-Schreiben vom 25. März 1998 - IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl I 1998, 268 - sog Umwandlungssteuererlass - Tz. 20.34).
f. Die strikte Bindung des Einbringenden an den tatsächlichen Wertansatz bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft wird auch von der Verwaltung angenommen (BMF-Schreiben vom 25. März 1998 - IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl I 1998, 268 - sog Umwandlungssteuererlass - Tz. 20.31-20.36.)
g. Die Klägerin kann sich auch nicht mit dem erstrebten Erfolg auf die in diesem Zusammenhang ergangenen Urteile des BFH vom 24. März 1983 IV R 138/80, BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233; vom 23. Januar 1986 IV R 335/84, BFHE 146, 236, BStBl II 1986, 623 und vom 30. April 2003 I R 102/01, BFHE 202, 455, BStBl II 2004, 804, in denen dieser eine Bindungswirkung nach § 20 Abs.4 S.1 UmwStG verneint hat, berufen.
Ein allgemeiner Grundsatz, dass die tatsächliche Höhe des Teilwertes eingebrachter GmbH-Anteile im Besteuerungsverfahren des Einbringenden überprüft werden kann, ist nach Ansicht des Senats der genannten Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
(1) Die drei genannten Urteile können alleine schon deshalb nicht auf den Streitfall übertragen werden, weil sie jeweils den Sonderfall der Einbringung eines Mitunternehmeranteils zum Gegenstand hatten, hier jedoch von den Feststellungsbeteiligten GmbH-Anteile eingebracht wurden.
Aus steuerlicher Sicht stellt der Mitunternehmeranteil kein selbständiges Wirtschaftsgut dar, denn die Mitunternehmerbeteiligung repräsentiert die ideellen Miteigentumsanteile an allen Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens der Personengesellschaft zzgl. des Sonderbetriebsvermögens (Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, § 20 Rn. 169).
Im Gegensatz dazu stellen die im Streitfall eingebrachten GmbH-Anteile selbständig bewertbare Wirtschaftsgüter dar.
(2) Darüber hinaus betreffen die Urteile vom 24. März 1983 IV R 138/80, BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233 und vom 23. Januar 1986 IV R 335/84, BFHE 146, 236, BStBl II 1986, 623 jeweils den Fall, dass das Wahlrecht der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zwischen Buchwert - Zwischenwert - Teilwert hinsichtlich der Untergrenze des Wertansatzes durch eine Spezialvorschrift, hier § 17 Abs.3 bzw. § 17 Abs.2 S.3 UmwStG 1969 - heute § 20 Abs.3 und § 20 Abs.2 S.4 UmwStG - gesetzlich beschränkt war. An einer solchen gesetzlichen Norm für den Ansatz eines Mindestwertes durch die AG fehlt es vorliegend jedoch.
(3) Die beiden letztgenannten Urteile sind auch deshalb nicht auf den Streitfall übertragbar, weil dort - anders als in dem hier zu entscheidenden Fall - eine spätere Besteuerung der stillen Reserven nicht mehr sichergestellt war.
In dem Streitfall, der dem BFH-Urteil in BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233 zu § 17 Abs.3 UmwStG 1969 zugrunde lag, kann nach Ansicht des erkennenden Senats entsprechend dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr auf den erstmaligen richtigen Teilwertansatz bzw. die spätere Korrektur des Teilwertansatzes bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft gewartet werden, die dann über § 175 Abs.1 Nr.2 AO auf den Einbringenden übertragen würde. Denn bei einer späteren Korrektur in der Besteuerung der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ist die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der dem Einbringenden gewährten Anteile eventuell faktisch nicht mehr sichergestellt. Es muss also im Fall des § 17 Abs.3 UmwStG 1969 - heute § 20 Abs.3 UmwStG - die Möglichkeit bestehen, den Teilwert schon beim Einbringenden festzustellen und anzusetzen. Denn eine Begünstigung nach dem UmwStG ist nach dem bereits Ausgeführten nur gewollt, soweit eine spätere Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (Herrmann in Frotscher/Maas, § 20 Rn. 33; Klingberg in Blümich, § 20 Rn. 94; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, § 20 Rn. 184f.).
Übersteigen die Passivposten des eingebrachten Betriebsvermögens die Aktivposten, wie in jenem dem Urteil in BFHE 146, 236, BStBl II 1986, 623 zugrunde liegenden Streitfall, so schreibt § 17 Abs.2 S.3 UmwStG 1969 (heute § 20 Abs.2 S.4 UmwStG) vor, dass die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens so anzusetzen hat, dass sich die Aktivposten und die Passivposten ausgleichen.
Hintergrund der Regelung ist, dass mit dem Wertansatz der aufnehmenden Kapitalgesellschaft gleichzeitig die Anschaffungskosten der neuen Gesellschaftsanteile festgelegt werden (§ 20 Abs.4 S.1 2.Hs. UmwStG), die zur Sicherstellung der stillen Reserven in den einzelnen Wirtschaftsgütern nicht negativ sein dürfen (Klingberg in Blümich, § 20 Rn. 87; Merkert in Bordewin/Brandt, § 20 Rn. 98; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, vor § 20 n.F. Rn. 174f.).
Warum dieser Wertansatz im Fall des § 17 Abs.2 S.3 UmwStG 1969, heute § 20 Abs.2 S.4 UmwStG, aber in Abweichung von der gesetzlichen Wertverknüpfung des § 20 Abs.4 S.1 UmwStG im Besteuerungsverfahren des Einbringenden überprüft werden soll bzw. darf, ist dem Senat - abgesehen von dem unter (1) genannten Argument des Sonderfalls der Einbringung eines Mitunternehmeranteils, auf welches sich das Urteil allerdings nicht ausdrücklich stützt - nicht ersichtlich.
(4) Letztlich kann sich die Klägerin auf das in BFHE 202, 455, BStBl II 2004, 804 veröffentlichte Urteil auch deshalb nicht berufen, weil dieses die Einbringung des Mitunternehmeranteils - über das unter (1) Gesagte hinausgehend - an einer fortbestehenden Mitunternehmerschaft zum Gegenstand hatte.
Wird ein - nicht selbständig bewertbarer - Mitunternehmeranteil eingebracht und übernimmt die aufnehmende Kapitalgesellschaft die Mitunternehmerstellung des Einbringenden, wird das Bewertungswahlrecht nicht in der Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft, sondern in derjenigen der fortbestehenden Personengesellschaft ausgeübt.
Denn buchführungspflichtig für das Gesellschaftsvermögen und das Sonderbetriebsvermögen ist die Personengesellschaft. In ihrer Steuerbilanz ist das Bewertungswahlrecht Buchwert - Zwischenwert - Teilwert für das Wirtschaftsjahr auszuüben, in welches die Einbringung fällt (BFH in BFHE 202, 455, 458, BStBl II 2004, 804, 805).
In diesem Sonderfall geht also die Bilanzierungskompetenz der fortbestehenden Personengesellschaft der aufnehmenden Kapitalgesellschaft vor (Herrmann in Frotscher/Maas, § 20 Rn. 114; Widmann/Mayer, § 20 Rn. 686; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, § 20 Rn. 169).
h. Angesichts dessen, dass die bisher ergangenen, oben genannten BFH-Urteile ausschließlich zu Gunsten des Fiskus vor allem dann eine Ausnahme von der Wertverknüpfung des § 20 Abs.4 S.1 UmwStG zulassen, wenn die Versteuerung der stillen Reserven nicht (mehr) sichergestellt ist, besteht im Streitfall keine Veranlassung, zu Gunsten der Klägerin - und damit gegen die Interessen des Fiskus - von einer Besteuerung abzusehen. Hier ist die Besteuerung der stillen Reserven nicht nur sichergestellt, sondern nach dem zum Abschreibungspotential bei der AG Gesagten gerade erforderlich.
Ein Grund für eine weitere Ausnahme in der Durchbrechung der Wertverknüpfung des § 20 Abs.4 S.1 UmwStG ist zudem mangels Schutzbedürftigkeit und -würdigkeit der Feststellungsbeteiligten zu verneinen.
An der Schutzbedürftigkeit fehlt es zum einen schon deshalb, weil die Feststellungsbeteiligten - wie oben ausgeführt - den Wertansatz bei der AG konkret hätten vereinbaren können.
Sie fehlt zum Anderen aber auch deshalb, weil der spätere Verkauf der restlichen Aktien im Umfang von etwa 20% des erhaltenen Aktienpaketes auch nach dem Ablauf der vereinbarten Behaltensfrist mit einem Preis von mehr als 60 € je Aktie Mitte November noch über dem der Bemessung der Gegenleistung bei der Einbringung zugrunde gelegten Wert von etwas mehr als 50 € je Aktie möglich war.
Auch eine Schutzwürdigkeit ist nicht gegeben, da die Feststellungsbeteiligten erklärt haben, ihre Anteile an der GmbH zu einem Wert in die AG eingebracht zu haben, der ihrer Ansicht nach über dem Marktwert lag.
i. Vielmehr ist aus den Gründen des BFH-Urteils vom 17. Oktober 2001 I R 111/00, BFH/NV 2002, 628, von einer Bindung an den tatsächlichen Wertansatz auszugehen. Wenn sich bei der Höhe nach offenkundig falsch bilanzierten Buchwerten dennoch über die Fiktion des § 20 Abs.4 S.1 eine verbindliche Bindung für die Einbringenden ergibt, ohne dass diese Werte im Besteuerungsverfahren des Einbringenden noch eigenständig überprüft und richtig gestellt werden könnten, kann bei einem der Höhe nach möglicherweise falschen Teilwertansatz nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten. Dies folgt allein aus der Wertverknüpfung in § 20 Abs.4 S.1 UmwStG.
j. Letztlich kann diese zutreffende Bindung an den tatsächlichen Wertansatz der AG auch nicht nachträglich über § 175 Abs.1 Nr.2 AO mit dem Argument, der spätere Kursverlust der erhaltenen Aktie stehe einem nachträglichen Kaufpreisausfall gleich, zu Gunsten der Feststellungsbeteiligten beseitigt werden.
Zwar hat der BFH entschieden, dass die Anwendung des § 175 Abs.1 Nr.2 AO gerechtfertigt ist, wenn die Forderung aus der Veräußerung eines Betriebes nachträglich uneinbringlich wird (BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 1/92, BFHE 172, 80, BStBl II 1993, 894; BFH-Urteil vom 06. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl 1997, 509), denn § 16 EStG liegt die unausgesprochene Annahme zugrunde, dass das Veräußerungsgeschäft ohne Störungen so abgewickelt wird, wie es vertraglich vereinbart ist (BFH-Beschluss vom 19.07.1993 GrS 1/92, BFHE 172, 80, 85, BStBl II 1993, 894, 897). Demnach enthält § 16 EStG eine Steuerbedingung; ihr Eintritt beim Ausfall der Kaufpreisforderung führt zu einer steuerlichen Vergangenheitswirkung (Kruse/Loose in Tipke/Kruse, AO, Stand 106. Lieferung April 2005, § 175 Rn. 32).
Daran fehlt es jedoch vorliegend schon deshalb, weil die Feststellungsbeteiligten für die Einbringung zum Stichtag die Gegenleistung in Gestalt der Aktien in vollem Umfang wie vereinbart sofort erhalten haben, ein nachträglicher Gegenleistungsausfall mithin also gar nicht mehr möglich war. Allein die spätere Veränderung im Kurs ist demgegenüber unerheblich, da das Geschäft schon erfüllt war und von einer stichtagsbezogenen Betrachtung nicht Abstand genommen werden kann. An der Erfüllung des Geschäftes ändert auch die vereinbarte Behaltensfrist für rund 20% der erhaltenen Aktien bis Mitte Oktober 1999 zumindest deshalb nichts, da sich diese schon auf der nachgelagerten Ebene der Gegenleistungs-/Kaufpreisverwendung abspielte. Im Übrigen war der Verkauf der erhaltenen Aktien nach Ablauf der Behaltensfrist noch mit - einem weiteren - Gewinn möglich.
k. Eine Überprüfung der Richtigkeit des tatsächlichen Wertansatzes des eingebrachten Vermögens ist nach dem Gesagten im Besteuerungsverfahren des Einbringenden nach Ansicht des Senats aufgrund der Wertverknüpfung des § 20 Abs.4 S.1 UmwStG grundsätzlich rechtlich nicht zulässig.
Eine Ausnahme gilt dann, wenn ein Mitunternehmeranteil an einer fortbestehenden Personengesellschaft eingebracht wird. Eine weitere Ausnahme gilt nur dann, wenn eine gesetzliche Einschränkung des Wahlrechtes der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zwischen Buchwert - Zwischenwert - Teilwert gemäß § 20 Abs.2 S.1 und S.6 UmwStG hinsichtlich des Ansatzes eines bestimmten Mindestwertes besteht, die ihren Grund - entsprechend dem Gesetzeszweck der bloßen Hinausschiebung der Besteuerung - darin findet, dass eine spätere Besteuerung der stillen Reserven beim Einbringenden nicht mehr sichergestellt ist.
Entgegen der allgemeinen Formulierung im Leitsatz zu 1. des Urteils des BFH vom 23. Januar 1986 IV R 335/84, BFHE 146, 236, BStBl II 1986, 623 ist der erkennende Senat der Ansicht, dass es keine allgemeine rechtliche Befugnis gibt, im Besteuerungsverfahren des Einbringenden zu überprüfen, ob die aufnehmende Kapitalgesellschaft mit ihrer Bewertung den Teilwert der einzelnen Wirtschaftsgüter nach § 20 Abs.2 S.6 UmwStG überschritten hat (andere Ansicht: Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, § 20 Rn. 201; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 20 Rn. 238; Merkert in Bordewin/Brandt, § 20 Rn. 88; Herrmann in Frotscher/Maas, § 20 Rn. 156; Widmann/Mayer, § 20 Rn. 659 und 974).
Ansonsten wäre eine Überprüfung der Höchstgrenze des Teilwertes der eingebrachten Wirtschaftsgüter im Besteuerungsverfahren des Einbringenden entgegen der Fiktion des § 20 Abs.4 S.1 UmwStG bei fehlender Wertfestschreibung im Einbringungsvertrag immer möglich, was zu einer weitgehenden Aushöhlung der gesetzlichen Wertverknüpfung führen würde.
3. Der Veräußerungspreis ist jedoch auch deshalb mit rund 35 Mio. DM anzusetzen, weil der Senat davon überzeugt ist, dass es sich bei diesem Wert tatsächlich um den Teilwert der eingebrachten Anteile an der GmbH zum Einbringungsstichtag handelt.
... wird ausgeführt
4. Die Revision war gemäß § 115 Abs.2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil die Frage der Reichweite der Wertverknüpfung des § 20 Abs.4 Satz 1 UmwStG grundsätzliche Bedeutung hat.
Ende der Entscheidung
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